Donnerstag, 9. September 2010

Welthaus: Barrierefreiheit liegt in fleißigen Händen

Aachen. Krachend fallen die Fliesen zu Boden. Eine nach der anderen. Bis sich zu Alina Ruas Füßen ein kleiner Schutthaufen gebildet hat. Fliesenschutt. Rua steht in einem kleinen rechteckigen Raum im Aachener Welthaus an der Schanz. Es ist die Toilette. Oder besser: Sie war es.

Denn von einem WC ist hier nicht mehr viel übrig. Innerhalb kürzester Zeit haben Rua und zwei andere Studenten einen Großteil der Wandverkleidung mit großem Gerät abgerissen. Hier soll alles neu gemacht werden. Neu und behindertengerecht.

Seit Dienstagmorgen läuft das Projekt «Barrierefreies Welthaus». Der Aachener Nachbarschaftsring Öcher Frönnde, der seit einigen Jahren Mieter und Nutzer des Cafés im Welthaus ist, hatte diese Initiative angestoßen. «Eigentlich gibt es den Plan, dem Haus einen behindertengerechten Zugang zu verschaffen, seit es das Welthaus gibt», erzählt Monika Lang, Vorsitzende der Öcher Frönnde und Projektleiterin. «Aber seitdem immer mehr und regelmäßiger Besucher kommen, die Schwierigkeiten haben, ins Haus zu kommen, wurde die Sache konkreter.»

Richtig konkret wurde sie dann vor etwa einem halben Jahr. Da stellten die Frönnde einen Antrag bei der Stadt Aachen auf Finanzierung der Umbauarbeiten. Denn die ist Eigentümer des Welthauses, das von den darin ansässigen Initiativen - 23 verschiedene aus der Umwelt- und Entwicklungspolitik - gemietet wird. Doch die Stadt lehnte ab, mit der Begründung, dass dort derzeit bereits teure Maßnahmen zum Brandschutz durchgeführt würden.



Gemeinsam packen sie für das Welthaus an: Birgitta Hollmann (3. v. l.), Willy Schöder (oben), Architekt Dr. Veit Becker (2. v. r.), Monika Lang, Vorsitzende der Öcher Frönnde (4. v. l.) und sieben Studenten aus verschiedenen Nationen. Foto: Harald Krömer


Also mussten Lang und ihre Mitstreiter sich etwas einfallen lassen. Die Idee: Ein Baucamp vom Internationalen Bauorden zu organisieren. Die Initiative hilft weltweit gemeinnützigen Einrichtungen und sozial Schwachen bei Bau- und Reparaturarbeiten. Sie schickt junge Menschen zwei bis vier Wochen lang dorthin, wo Hilfe nötig ist, aber das Geld fehlt. So ist auch Alina Rua zu ihrem Job gekommen, derzeit als Fliesenentfernerin.

Die 21-Jährige studiert an der RWTH Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Bauwesen. In ihrem Studium sind mindestens vier Wochen Praktikum auf einer Baustelle vorgesehen. Da bot sich das Baucamp am Welthaus an. Gemeinsam mit sechs anderen Architektur- und Bauingenieur-Studenten aus unterschiedlichen Nationen packt sie seit Montagmorgen kräftig mit an. Zwei Wochen lang, dann sollen die Arbeit abgeschlossen sein.

Von Martina Rippholz, Aachener Nachrichten vom 06.09.2010

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