Dienstag, 22. Juli 2008

Krik, wegkloppen und Drujbă

Nachdem drei andere Teilnehmer aus persönlichen Gründen bzw. wegen Visaproblemen in letzter Minute abspringen mussten, berichten Julian, Martin und Ruben von ihrem "Baucamp miniature" in Rumänien:

Vom 6. bis zum 18. Juli 2008 trat eine dreiköpfige deutsch-holländische IBO-Gruppe das Baulager in Dacia/Rumänien nach teilweise anstrengender Anreise an. Verstärkt wurde diese Truppe durch einen deutschen Praktikanten.

Untergebracht waren wir in dem dortigen Pfarrhaus, welches zu einem Bildungs- und Begegnungszentrum ausgebaut wurde. Hier mussten diverse Gebäude und Grünanlagen erneuert und ausgebessert werden. Zum Einen benötigte die Terrasse neue Fundamente und Holzstützen, zum Anderen musste der Holzschuppe und der Kuhstall Instand gesetzt werden. Nebenbei ergab sich die Möglichkeit den ausländischen Wortschatz zu erweitern. Wichtige holländische Worte sind „krik“, „stapelbouw“ und „hij doet het niet meer“ („Wagenheber“, „Plattenbau“ und „kaputt“), wichtige deutsche Worte sind „Drahtstifte“, „wegkloppen“ und „In diesem Sinne“. Auch der rumänische Wortschatz wurde ausgebaut, häufig gehörte Worte waren „gata“, „drujbă“ und „mai repide“ („fertig“, „Kettensäge“ und „schneller“).



Am ersten Tag wollten wir eigentlich nur den Holzschuppen aufräumen und eine schiefe Ziegelmauer „wegkloppen“, dabei entpuppte er sich als statisches Wunderwerk. Die Stützen die das Dach trugen, ruhten entweder auf einem Brennholzhaufen oder waren gar nicht mehr vorhanden. Mit anderen Worten: „Hij doet het niet meer“. Deswegen mussten wir zuerst die Stützen erneuern. Hier war Erfindergeist gefragt. Das Dach haben wir mit einem „krik“ angehoben und dann alte Grabsteine zum Abstützen benutzt. Des Weiteren haben wir mit einer „Drujbă“ Brennholz gemacht.

Die Aufräumarbeiten und das Abstützen zogen sich noch einige Tage hin: Da die alte (schiefe und lose) Bruchsteinmauer erhalten werden sollte, musste diese in Beton gefasst werden. Dazu war eine Einschalung notwendig, dieses erforderte traditionelle rumänische Arbeitsweisen (Pfusch).

Zum Ende der Woche verlagerten wir unsere Tätigkeiten Richtung Terrasse. Zuerst mussten die alten Fundamente „weggekloppt“ und die alten Balken entfernt werden.

Leider ist bereits am Donnerstag Anne von uns gegangen (Keine Angst, sie lebt noch). Am Wochenende standen für die beiden verbleibenden Arbeitskräfte des Bauordens Besichtigungen von alten sächsischen Dörfern und Städten auf dem Plan. Samstagmorgen ging es zuerst nach Viscri, einem kleinen Dorf, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Hier befindet sich auch das Sommerhaus von Prinz Charles. Weiter ging es nach Schäßburg und Hermannstadt.



In der nächsten Woche wurden wir durch eine dreißigköpfige deutsch-rumänische Jugendgruppe verstärkt. Angefangen haben wir diese Woche mit dem Bau einer neuen Bank. An dieser Stelle muss noch mal erwähnt werden, dass wir am diesem Tag die Einzigen in dem Dorf waren, die trotz der großen Hitze von 40°C auch schwerste Arbeiten im Freien nicht gescheut haben. Außerdem haben wir den Keller der Pfarrhauses entrümpelt und aus dem dort aufgefundenen Holzmüll ein Lagerfeuer gemacht, das eindeutig größer war, als das vom Nachbarn.

Am Dienstag stand die Renovierung des Kuhstalls an. Hierzu musste als Erstes der Heuboden ausgemistet werden. Leider hat es die Jugendgruppe nicht geschafft, mit dem alten Heu das Feuer vom Vortag zu übertrumpfen. Die Holzdecke des Stalls hat leider aufgrund des undichten Daches angefangen zu faulen, sodass einige Balken und Bodenbretter ausgetauscht werden mussten. Dieses endete in der Ausbesserung des Daches. Nahm man hier eine kaputte Ziegel heraus, fielen zwei weitere Kaputte weiter oben runter. Dies führte dazu, dass das Bodenpersonal (Julian) mehrfach mit dem Auftrag: „Nur noch zehn neue Ziegel, bitte“ losgeschickt wurde. Mit dem Einsetzen der Dunkelheit, im Schein der Petroleumlampe, konnte das Dach glücklicherweise fertig gestellt werden. Am letzen Tag haben wir eine Pfette augetauscht und konnten dann beginnen, die „weggekloppte“ Ziegelmauer zu ersetzen. Den letzten Abend haben wir natürlich gerne geopfert, um diesen Bericht zu schreiben.

In diesem Sinne,

GATA!

P.s.: Dieser Bericht konnte nur mit der manuellen Rechtschreibprüfung unseres niederländischen Mitarbeiters realisiert werden. (Hij doet het toch nog !)

Julian, Martin und Ruben

Freitag, 4. Juli 2008

Sonnenhaus Berlin


Freiwillige aus Bulgarien, Deutschland, Estland, den Niederlanden und Russland arbeiten zur Zeit gemeinsam im „Sonnenhaus“ in Berlin. Sie bauen zwei bestehende Holzhütten zu einem kleinen Seminarhaus um.

Das „Sonnenhaus“ ist eine grüne Oase im Süden Zehlendorfs nahe dem Teltowkanal. Es feierte seine Geburtsstunde im Jahr 1978 (damals noch als selbst verwaltetes Jugendprojekt) und ist heute ein naturpädagogisches Zentrum für Kinder und Jugendliche ab 8 Jahren. Träger ist die Deutsche Schreberjugend, Landesverband Berlin e.V. Es gibt eine Holz-, Keramik- und Kreativwerkstatt, einen ökologisch angebauten Garten mit Teich, ein zweistöckiges Baumhaus, eine überdachte Feuerstelle und urige Holzhütten. Das Projekt organisiert auch eine Hausaufgabenbetreuung.




Mittwoch, 2. Juli 2008

„Das Baucamp hat uns alle bereichert“

Am 20. April 2008 trafen sich sieben freiwillige Helfer aus Deutschland, den Niederlanden, Österreich und Rumänien in Brenndorf (Bod) bei Kronstadt, um gemeinsam zwei Wochen für einen guten Zweck zu arbeiten. Organisiert wurde dieses Baucamp, wie viele andere Baulager, vom „Internationalen Bauorden Deutschland“.

Gegründet wurde der Bauorden im Jahre 1953. Die schrecklichen Folgen des zweiten Weltkrieges veranlassten den flämischen Pater Werenfried van Straaten, die Organisation ins Leben zu rufen. Er lud junge holländische und belgische Studenten ein, in Deutschland beim Bau von Häusern für Flüchtlinge und Heimatvertriebene behilflich zu sein.

„Anpacken, statt immer nur reden!“ – seit über fünf Jahrzehnten prägt dieses Motto das Wirken des „Internationalen Bauordens Deutschland“ (IBO). Seit der Gründung haben über 350 000 vorwiegend junge Leute ohne Lohn und Bezahlung während ihrer Freizeit auf einer der vielen Baustellen in Europa gearbeitet. Heute organisiert der Bauorden jährlich etwa 200 Projekte in ganz Europa mit über 1 800 Freiwilligen. Ein Bauhilfseinsatz dauert zwischen zwei und vier Wochen und führt junge Menschen aus allen Ländern Europas zusammen, die sich für soziale und kulturelle Bauprojekte engagieren. Gemeinsam nehmen sie soziale Verantwortung wahr und helfen beim Bau oder bei der Renovierung von Waisenhäusern, Behinderteneinrichtungen, Altenheimen, von Kirchen, Klöstern und anderen Kulturdenkmälern. Überall dort, wo das Geld für Instandsetzung und Renovierung fehlt, sind sie zur Stelle. Die Organisation stellt die Planung und fachliche Anleitung. Die jungen Leute verpflichten sich, acht Stunden am Tag, immer in internationalen Arbeitsgemeinschaften und, soweit möglich, in enger Zusammenarbeit mit den Betroffenen zu arbeiten.


Jugendliche des Internationalen Bauordens helfen freiwillig bei der Renovierung des evangelischen Pfarrhauses in Brenndorf. Foto: Jürgen Schermer


Durch die Begegnung und Zusammenarbeit junger Menschen aus allen Teilen Europas hat der „Internationale Bauorden“ zugleich zur Völkerverständigung beigetragen. In einer Gesellschaft, in der die christlichen Werte an Bedeutung verlieren und solidarisches Verhalten allzu oft dem Eigennutz zum Opfer fällt, geben die unentgeltlich helfenden Freiwilligen ein unübersehbares Beispiel. Weiter Infos im Internet unter www.bauorden.de.

Nach einer anstrengenden 23-stündigen Fahrt und 1 800 Kilometern erreichten wir am Sonntag, den 20. April, gegen 14 Uhr das evangelische Pfarrhaus in Brenndorf. Die Burzenländer Gemeinde liegt im Herzen Rumäniens, etwa 15 km nordöstlich von Kronstadt (Braşov) entfernt. Von den rund 3 900 Einwohnern (einschließlich Zuckerfabrik) sind noch 50 Siebenbürger Sachsen. Das evangelische Pfarrhaus soll als Haus der Begegnung dem Erhalt siebenbürgisch-sächsischen Kulturgutes dienen und fördert das Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen (Rumänen, Deutsche, Ungarn, Roma).

Vom Ansprechpartner vor Ort, Manfred Copony, wurden wir sehr freundlich empfangen. Nach einem Rundgang durch Kirche, Pfarrhaus und die dazu gehörigen Gebäude wurden wir in das Projekt und unsere Aufgaben eingewiesen: Das Pfarrhaus ist ein historischer Gemeinschaftsbau der Siebenbürger Sachsen in Brenndorf, der renovierungsbedürftig ist.

Das Vorhaben in Brenndorf besteht darin, das Pfarrhaus instand zu setzen und zu modernisieren, ein Gästehaus einzurichten und einen Bauernhof aufzubauen. Auch die Veranda des Pfarrhauses soll komplett renoviert werden. Das Gästehaus soll Besucher und damit mehr Leben nach Brenndorf bringen. Der geplante Bauernhof und die Heimatstube werden ein Stück siebenbürgisch-sächsischer Kultur vermitteln und die junge Generation anziehen.

Die Arbeiten in Brenndorf

Während der zwei Wochen in Brenndorf haben wir verschiedene Arbeiten ausgeführt: den feuchten und maroden Außenputz von den Wänden geschlagen, den Natursteinsockel wieder freigelegt, die Holzfensterläden von alten Anstrichen befreit, Türen und Fenster neu gestrichen, einen Sandkasten gebaut, bei der Fertigstellung der Gästezimmer geholfen und vieles andere mehr. Es herrschte Hochbetrieb im ganzen Haus und Hofbereich. Zahlreiche rumänische Arbeiter und Helfer waren damit beschäftigt, Hausinstallationen einzubauen oder Außenanlagen zu errichten und arbeiteten teilweise bis in die Nacht hinein. Es gab viel zu tun, und jede Hilfe war willkommen.

Die neuen Gästezimmer stehen jederzeit zur Verfügung

Mehrere Räume des Pfarrhauses sind inzwischen zu Gästezimmern umgebaut, und stehen Besuchern, nach Absprache, jederzeit zur Verfügung. Ein Bauernzimmer mit Ausstellungsstücken macht Besucher mit den Bräuchen und Sitten der Siebenbürger Sachsen bekannt. Eine Sommerküche und die Außenanlagen sind ebenfalls fertig gestellt und laden zum Verweilen ein.

Land und Leute im Burzenland erkundet

Unsere Freizeit verbrachten wir größtenteils zusammen in der Gruppe. Verständigt hatten wir uns teilweise in englischer Sprache, aber auch Rumänisch oder Deutsch wurde gesprochen. Natürlich sind wir, so oft es ging, nach Kronstadt und durch die umliegenden Dörfer gefahren, um die Leute und Kultur kennen zu lernen. Die Menschen waren alle sehr gastfreundlich und zuvorkommend. Die Landschaft mit den Bergen in unmittelbarer Nähe war sehr eindrucksvoll. Die Schwarze Kirche, die Törzburg (Bran), die Wehrkirche Honigberg und viele andere interessante Orte haben wir während unserer Freizeit besucht. Ein Höhepunkt war eine Wandertour in den Karpaten bei Cheia, wo wir bis zum Gipfelkreuz hochkletterten und es plötzlich anfing zu schneien.

Alles in allem war das Baucamp eine tolle Erfahrung. Es hat uns alle bereichert und sehr viel Spaß gemacht, mit Menschen anderer Nationalitäten für einen guten Zweck zusammen zu arbeiten. Man lernt nicht nur die Kultur des Landes kennen, sondern auch die der anderen Teilnehmer. Soziales Engagement, die Möglichkeit zum Kontakt mit Menschen aus anderen Ländern, Sprachen und Kulturen sowie ein Schuss Abenteuerlust waren nicht nur bei mir ein Grund, an einem Baucamp teilzunehmen.

Ich beabsichtige, nächstes Jahr wieder an mindestens einem Baulager teilzunehmen. Ich kann es auch jedem nur empfehlen, der sich ehrenamtlich für soziale und kulturelle Projekte interessiert und Spaß am Werken hat. Im Namen der gesamten Baucamp-Gruppe möchte ich unserem Betreuer vor Ort Manfred Copony ein großes Dankeschön aussprechen. Er hat die Organisation sehr gut gemeistert und sich liebevoll um unser Wohl gesorgt.

Jürgen Schermer

Siebenbürgische Zeitung, 22. Juni 2008