Dienstag, 3. August 2010

Die Ruhe bewahren und immer lachen

02.08.2010 - HAHN

PROJEKT Azubis der Vhs Rheingau-Taunus erweitern Horizont bei freiwilligem Baucamp in integrativer Schule in Litauen

(rik). Fünf Auszubildende der Volkshochschule Rheingau-Taunus (Vhs) sowie einer ihrer Ausbilder haben zwei Wochen lang an einem Projekt des Internationalen Bauordens im litauischen Klaipeda teil genommen. Dabei führten sie Renovierungsarbeiten in einer integrativen Schule für Behinderte und Nichtbehinderte aus.

„Eine Woche haben wir an der Decke gekratzt“, stöhnt Konstantina Zikou, Auszubildende als Kauffrau für Bürokommunikation. „Die musste raus, egal wie“, fügt ihr Kollege Akin Akar hinzu. „Wir haben alles versucht: Mit dem Hammer, dem Spachtel und mit Spray“, verdeutlicht Klim Pradko, Auszubildender im Bereich Teilezurichter. „Wir waren wirklich sehr kreativ und am Ende hat es dann auch funktioniert und wir konnten sie endlich glatt schleifen“, schließt Akin das Thema, das die sechsköpfige Gruppe die Hälfte ihrer Zeit in der litauischen Hafenstadt Klaipeda beschäftigt hat.

Nach einer zwölfstündigen Reise sind sie alle ziemlich erschöpft aber glücklich wieder zu Hause gelandet. „Wir hatten vier Stunden unfreiwilligen Aufenthalt in Riga, weil unsere Maschine kaputt war. Nachdem ein Ersatzflugzeug organisiert war, mussten wir dann bei mehr als 30 Grad eine Stunde auf die Startgenehmigung warten“, erläutert Patrick Kilian, Ausbilder im Metallbereich, die etwas unglücklichen Umstände der Heimreise.


Irina Kreimer (links) und Konstantina Zikou bei den Renovierungsarbeiten in der Schule „Glühwürmchen“. Foto: Patrick Kilian


Zuvor jedoch waren alle sehr zufrieden mit ihrem Aufenthalt. „Zusammen haben wir bestimmt 1.500 Fotos gemacht“, erzählt Philipp Visker, Auszubildender als Teilezurichter, wie gut der ganzen Gruppe die Ausflüge in ihrer Freizeit gefallen haben. Konstantina hat vor allen Dingen die Altstadt von Klaipeda, dem ehemaligen Memel, sehr beeindruckt. Außerdem sind ihr die gesellschaftlichen Unterschiede zu Deutschland aufgefallen: „Die Menschen dort haben total viel Nachwuchs. Vor allem die jungen Paare“, hat sie beobachtet.

Die Woche über war die Gruppe jedoch mit Renovierungsarbeiten in der integrativen Schule Svetliaciok, zu deutsch Glühwürmchen, beschäftigt. Nach einem reichhaltigen Frühstück wurde von neun bis zwölf Uhr gearbeitet. Nach der Mittagspause ging es dann noch einmal bis 15 Uhr weiter, bevor das Abendessen serviert wurde. In der zweiten Woche hat die Gruppe jeden Tag eine Stunde länger gearbeitet, um sich am letzten Tag eine Tour in das malerische Städtchen Nida auf der Kurischen Nehrung zu ermöglichen.

„Ich habe in meinem Leben noch nie so viel gegessen“, zeigt sich Philipp außer von der Umgebung auch von der Verpflegung sehr beeindruckt. Allerdings habe man auch noch nie so viel Dill im Leben zu sich genommen. „Ich will keinen Dill mehr sehen“, schüttelt sich etwa Konstantina. Darüber hinaus jedoch habe das einzige Problem in einer unzureichenden Absprache bestanden: „Ständig mussten wir nachfragen, was noch zu tun ist. Mal hieß es, die ganze Decke soll ab, dann hieß es wieder nur die halbe. Am Ende war es dann doch die ganze Decke“, verdeutlicht Klim. „Neben Tapezieren, Spachteln und Verputzen habe ich deshalb vor allem gelernt die Ruhe zu bewahren und immer zu lachen“, fügt Akin hinzu.

Am Ende überwiegen jedoch die positiven Erfahrungen. „Ich habe jetzt ein ganz anderes Gefühl gegenüber behinderten Kindern. Ich habe sehr viel Respekt gewonnen und war überrascht von ihren Fähigkeiten“, schildert Konstantina, was sie besonders beeindruckt hat. „Es war zum Beispiel faszinierend, dass die fließend Englisch sprechen“, findet Philipp. Sonst war die Gruppe nämlich meist auf die beiden russischen Teilnehmer, Klim Pradko und Irina Kreimer, angewiesen, um sich zu verständigen. Dennoch sind alle sechs begeistert von der erfahrenen Gastfreundschaft und um zahlreiche Erfahrungen reicher von dem freiwilligen Baucamp zurück gekehrt.

Trotzdem wollen Konstantina und Akin ein solches Projekt nicht noch einmal wiederholen. Irina, Klim und Philipp jedoch können sich gut vorstellen, im kommenden Jahr wieder an einem Baucamp teil zu nehmen, um so aktiv ein Stück Lebensrealität in einem anderen Land kennen zu lernen.

02.08.2010, Wiesbadener Kurier

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